«Ich bin für die Bühne gemacht»

    Die Junior Chamber International JCI Solothurn ist sehr aktiv. Dazu gehört unter anderem auch ihr Engagement an den Solothurner Literaturtage im Frühling. Auch dieses Jahr haben acht Mitglieder zum zweiten Mal erfolgreich die sogenannte «Living Library» durchgeführt. Dabei werden die Bücher lebendig und es erzählen nicht nur Druckbuchstaben, sondern Menschen aus ihrem aussergewöhnlichen Leben. Einer davon war der Solothurner Perfomancekünstler Jeff van Phil. Als Kunstfigur ist er auf Bühnen in ganz Europa unterwegs.

    (Bild: zVg) Die Mitglieder der Junior Chamber International Solothurn treten immer wieder mit spannenden Projekten an die Öffentlichkeit.

    Die acht Mitglieder der jungen Wirtschaftskammer JCI Solothurn haben auch in diesem Frühling keinen Aufwand gescheut, um eine «Living Library mit Menschen mit einer nicht alltäglichen Lebensgeschichte nach Solothurn an die diesjährigen Literaturtage zu holen. Wie bestreitet man den Alltag mit einer starken Sehbehinderung oder wenn man im Rollstuhl sitzt? Wie findet man nach jahrelanger Mitgliedschaft in einer Sekte zurück in ein normales Leben? An welche seiner Einsätze erinnert sich ein pensionierter Polizist am liebsten? Wie fasst man nach mehreren Burnouts wieder Fuss im Berufsalltag? Dies und viele weitere Fragen beantworteten die neun »lebendigen Bücher» den ganzen Samstagnachmittag in diversen Cafés und Restaurants entlang der Aarepromenade der ehemaligen Ambassadorenstadt. «Unser literarisches Angebot stiess einmal mehr auf grosses Interessen», freute sich Roger Graber von der JCI Solothurn. «Die begeisterten Zuhörer buchten teilweise gleich mehrere Gespräche nacheinander und konnten so für eine Stunden viel Interessantes und Abenteuerliches von Menschen, denen man normalerweise kaum je so offene Fragen zu stellen wagt.»

    Den eigenen Horizont erweitern
    Die erste «Living Library» wurde 2000 im Rahmen der Jugendinitiative «Stop the violence» auf dem Musikfestival im dänischen Roskilde durchgeführt. Seitdem haben zahlreiche Organisatoren auf der ganzen Welt das Konzept adaptiert und völlig unabhängig voneinander in ähnlicher Form umgesetzt. So auch die junge Wirtschaftskammer Solothurn. In der «Living Library» schneiden sich die Wege von Menschen ganz unterschiedlichen Lebenswelten. «Es ist ein besonderer Ort, denn diese Leute würden sich sonst nie in ihrem Leben begegnen. Wo sich fremde Menschen zum Dialog treffen, bietet sich eine einmalige Gelegenheit, über den eigenen Tellerrand zu schauen, andere Weltanschauungen kennenzulernen und den eigenen Horizont zu erweitern», erklärt JCI-Mitglied Mirjam Voser. Bis die neun «lebendigen Bücher» in der Bibliothek im Uferbau/Solheure bestellbereit standen, war eine grosse Organisation und Vorbereitung nötig. Nach einem Brainstorming referierten die JCI-Mitglieder gezielt im Internet und in den Medien und nahmen dann mit den Protagonistinnen und Protagonisten Kontakt auf. Entstanden ist eine breitgefächerte Palette an aussergewöhnlichen Erfahrungsberichten – Geschichten, die das Leben schrieb.

    Von der Burlesque-Nummer bis zum Feuerspeier
    Das auffälligste aller «lebendigen Bücher» war der Solothurner Performancekünstler Jeff van Phil. Im Glitzerkostüm, hohen Higheels, auffällig geschminkt und mit pinker Federboa sitzt er im Irish Pub «Red John» und ist von weitem ein Blickfang. Er entführt seine Zuhörerinnen und Zuhörer in die Welt von Glamour und Glitter, in eine Welt, wo unsere gesellschaftlichen Werte auf den Kopf gestellt werden oder gar nicht gelten, wo Fantasie, Magie, Lebensfreude und verrückte Idee im Vordergrund stehen. Mit seinen vielseitigen Shows tritt er in ganz Europa auf und will in erster Linie unterhalten. Seine Kreativität findet dabei keine Grenzen: «Bereits als Kind habe ich den Zirkus und seine zauberhafte Welt geliebt und meine vielen kreativen Ideen umgesetzt und ausgelebt», erinnert sich Jeff van Phil. Heute setzt er sich auf seine eigenwillige Art mit der Kunst, die in der Sparte Transvestie /Dragonqueen angesiedelt ist, erfolgreich auseinander. «Ich bin für die Bühne gemacht. Meine Darbietungen sind sehr unterschiedlich, mal zeige ich eine Burlesque-Nummer oder trete als Feuerspeier auf. Wichtig ist die Spannung und, dass ich mein Publikum verzaubere und in eine andere Welt entführen kann.»

    Sich selber zum Maskenbildner ausgebildet
    Ein wichtiger Aspekt bei seinen Bühnenauftritten hat das Kostümieren. Dabei bringt er nicht nur seine grosse Wandelbarkeit zum Ausdruck, sondern zelebriert seine Leidenschaft und Passion auf der Bühne. «Ich möchte damit mein Publikum faszinieren, schockieren, aber auch zum Nachdenken bringen, denn immer ist irgendwo eine Botschaft versteckt.» Seine Looks haben immer erste Priorität und müssen bis ins letzte Detail sitzen. Dafür investiert er viel Zeit. «Je nachdem wie aufwändig ein Kostüm ist, kann es bis zu fünf Stunden dauern, bis ich bereit für die Bühne bin.» Sein Markenzeichen sei der bunte Bart, den er auch im Alltag regelmässig pflegt. Eine Handvoll Glitzer und entsprechende Perücke gehören zur Standartausrüstung. Auf die Frage, ob er nun männlich oder weiblich sei, meint er lachend: «Das Geschlecht spielt auf der Bühne keine Rolle, ich bin eine Kunstfigur, die ist weder noch.» Seine Kostüme und aufwändigen Masken fertigt er zum grössten Teil selber an. «Ich bin ein Autodidakt und habe mir alles selber mit Hilfe von YouTube und Internet angeeignet. Ich entdecke immer wieder neue Möglichkeiten, probiere Neues aus, tüftle und arrangiere bis es passt», erklärt er und ergänzt: «Mittlerweile bin ein erfahrener Maskenbilder und verfüge über ein grosses Arsenal an Schminkuntensilien, Accessoires, Perücken, Hüte, Schuhen, Kostümen, etc.» Doch zwei Seelen wohnen in seiner Brust. So versteckt er sich nicht nur hinter Glitzer und jeder Menge Make-up, sondern lässt auch gerne seine Kultfigur ruhen und schlüpft in Jeans und Shirt, um, auf dem Motorrad die Seele baumeln zu lassen.

    Corinne Remund

    www.jeffvanphil.com


    Junior Chamber International (JCI)

    Die Junior Chamber International (JCI) Solothurn (Junge Wirtschaftskammer Solothurn) ist ein eigenständiger Verein, welcher zum Dachverband der Junior Chamber International Switzerland (JCIS) gehört. Zusammen mit fast 70 anderen lokalen Kammern (LOM) bildet JCI Solothurn das grösste Netzwerk junger Führungskräfte in der Schweiz. Weltweit gibt es JCI in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und umfasst gegen 200’000 Mitglieder.

    Die JCI Solothurn ist eine politisch neutrale Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, einen positiven Wandel in der Gesellschaft zu bewirken. Die Mitglieder sind zwischen 18 und 40 Jahre alt und tragen im Beruf als selbständig Erwerbende oder Angestellte Verantwortung. In Ergänzung zu der beruflichen Tätigkeit engagieren sich die Mitglieder von JCI Solothurn in wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen in der Stadt und Region. Die JCI Solothurn will dabei ihre Mitglieder zur Entwicklung und Festigung der persönlichen (Führungs-)Fähigkeiten anregen.

    Die JCI Solothurn wurde 1989 gegründet und seither haben ihre Mitglieder mit zahlreichen Projekten in verschiedenen Bereichen Akzente gesetzt. So bildet beispielsweise der alljährliche Wirtschaftsevent im Frühling eine Gelegenheit zur Netzwerkpflege über alle Branchen hinweg. Mit der Mojitobar am Märetfest werden jedes Jahr Gelder für eine gemeinnützige Institution in der Region gesammelt. Spontane Hilfsaktionen wie zum Beispeil die beiden Autowaschaktionen 2004 und 2011 für die Opfer der Tsunamis in Thailand und Japan unterstreichen ausserdem das Engagement über die Grenzen hinaus.

    pd / www. jci-solothurn.ch

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